Strafanzeige wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr gestellt

Das Trostpflaster einer vorzeitigen Wiedereröffnung der Strecke und die zugesagte Renovierung des Rastatter Bahnhofs dürfen weder von der unglaublichen Fahrlässigkeit der Verantwortlichen ablenken noch vor Konsequenzen für die Bahnpolitik generell und für Stuttgart 21 speziell schützen. Um dem Nachdruck zu verleihen, hat der Sprecher des Aktionsbündnisses gegen S21, Rechtsanwalt Dr. Eisenhart von Loeper, zusammen mit dem Vorsitzenden Richter am Landgericht a.D. Dieter Reicherter sowie dem Journalisten und Verkehrsexperten Dr. Winfried Wolf Strafanzeige gegen die Verantwortlichen der DB AG, allen voran Infrastruktur-Vorstand Ronald Pofalla, und die Mitverantwortlichen der beteiligten Baufirmen gestellt.

Nur um Haaresbreite hätte die Rastatter Tunnelhavarie über die gigantischen Sachschäden hinaus zu einer großen Eisenbahnkatastrophe mit dramatischen Folgen für Leib und Leben Hunderter Fahrgäste und Anwohner führen können. Denn entgegen anfänglichem Leugnen und Herunterspielen der DB AG haben am 12. August zwischen 10.47 Uhr, dem Zeitpunkt, an dem die Gleisabsenkung registriert wurde, und 11.03 Uhr, als die Strecke gesperrt wurde, sehr wohl noch Züge die Unfallstelle passiert – nach dem späten Eingeständnis der DB¹ eine Regionalbahn und ein Güterzug und nach der Rekonstruktion der Anzeigeerstatter auch der ICE 200 Richtung Karlsruhe, der um oder nach 10.47 Uhr die Unfallstelle passiert haben dürfte. Auch wird der Darstellung widersprochen, der Tunneleinbruch sei ein plötzliches Ereignis gewesen. Vielmehr gab es bereits Tage und Stunden zuvor Hinweise auf das drohende Unheil, die allerdings keine Konsequenzen auslösten.

All das erfüllt, so von Loeper, den Straftatbestand des fahrlässig verursachten, gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr nach § 315 StGB. Als „gefährlich“ gilt nach BGH-Rechtsprechung ein Eingriff, der den Bahnverkehr über die normale „Betriebsgefahr“ hinaus beeinträchtigt und Leib und Leben eines anderen oder Sachen von bedeutendem Wert konkret gefährdet. Nicht erst der Eintritt des Schadens ist dabei maßgeblich, sondern eine Situation, bei der der Nicht-Eintritt des Schadens nur noch ein Zufall ist. Ebendies ist hier der Fall, so von Loeper.

„Das bisherige Verhalten der DB und der politisch Verantwortlichen lässt in keiner Weise erkennen, dass man aus Erfahrung klug geworden ist“, so von Loeper. Unverkennbar seien die Bemühungen, Fragen zu Stuttgart 21 auszuweichen und Konsequenzen zu vermeiden. Wer wie der DB-Aufsichtsrats-Chef Utz-Hellmuth Felcht, „innovatorisches Scheitern“ als unternehmerische Maxime verkündet², könne nach Rastatt nicht die Augen davor verschließen, dass mit Stuttgart 21 ungleich größere Risiken mit ungleich dramatischeren Folgen eingegangen werden. So sollen unter anderem etwa 20 Kilometer Tunnelstrecke durch quellfähigen Gipskeuper gebohrt werden mit einem völlig unerprobten Verfahren, das nur ein von der Bahn bezahlter Experte für sicher hält und das von der DB ähnlich über den grünen Klee gelobt wird wie das in Rastatt gescheiterte Vereisungsverfahren.

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¹) siehe die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage von Matthias Gastel, MdB Grüne, vom 20. September 2017

²) am 4. Mai 2017 bei einem Vortrag an der Universität Stuttgart

Berliner Staatsanwaltschaft nimmt Vorermittlungen auf

Als wichtigen ersten Schritt wertet Bündnissprecher und RA Dr. Eisenhart von Loeper, dass die Berliner Staatsanwaltschaft Vorermittlungen zu einer Ende März verschärften Strafanzeige gegen die S 21 – Verantwortlichen Prof. Dr. Felcht (Aufsichtsratsvorsitz), Dr. Grube (ehemaliger Vorstandsvorsitzender) und Dr. Kefer (ehemals Infrastrukturvorstand) aufgenommen hat. Erstmals mit Wirkung nach außen werde dem Vorwurf fortgesetzter Untreue zu Lasten des Bahnkonzerns nachgegangen, weil selbst definierte Wirtschaftlichkeitsgrenzen weit überschritten und Mehrkosten nicht finanziert seien, Risiken wissentlich unter den Teppich gekehrt und ausgearbeitete Alternativen ungeprüft blieben.

Die Stuttgarter Zeitung berichtet, „die zuständige Staatsanwältin (habe) unter anderem die Deutsche Bahn AG um Stellungnahme und weitergehende Informationen zu den Vorwürfen gebeten … Das Prüfverfahren sei noch nicht abgeschlossen, der Ausgang offen.“

Anders als beim BER, dem kleinen Skandalbruder von Stuttgart 21, gebe es bisher keinerlei kritische Aufarbeitung durch die Justiz oder in Untersuchungsausschüssen. Wie das Kraftfahrzeugbundesamt im Abgasskandal spielt auch das zuständige Eisenbahnbundesamt bei Stuttgart 21 eher die Rolle des Mitmachers als des kritischen Aufpassers.

Wenige Stunden vor Bekanntwerden der Vorermittlungen im Verfahren gegen Felcht, Grube und Kefer, haben von Loeper und Dieter Reicherter, seines Zeichen vormals Vorsitzender Strafrichter des Landgerichts Stuttgart, im Auftrag des Aktionsbündnisses Strafanzeige auch gegen Dr. Richard Lutz und Roland Pofalla wegen fortgesetzter Untreue erstattet. Inhaltlich wiegt die 25-seitige Anzeige gegen Lutz und Pofalla schwerer als jene gegen Felcht, Grube und Kefer, weil Lutz sich doppelt als früherer Finanzvorstand und als neuer Bahnchef verantworten muss, noch dazu im Gespann mit dem politischen Haudegen Pofalla.

Nachdem sich die Spitzen von CDU und der SPD unter neuer Führung auf Lutz als Vorstandsvorsitzenden verständigt hatten, hofften viele zunächst auf eine bahnpolitische Kurskorrektur u.a. bei Stuttgart 21. Herr Lutz indes machte sich am Tag nach seinem Amtsbeginn bundesweit bekannt mit den Worten, er sei „finster entschlossen, das Projekt zu Ende zu bringen“. Finster entschlossen, so von Loeper, könne nur so viel wie „blind, fixiert, ohne Einsicht“ heißen. Da Lutz und Pofalla auf das Ersuchen nicht reagierten, sich für Alternativen zu S 21 gesprächsbereit zu zeigen, ging der Vorgang nun an die Staatsanwaltschaft.

Anzeige gegen Richard Lutz und Ronald Pofalla wg. Untreue, 5. Mai 2017

 

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Pofallas Probleme mit der Wahrheit

Die Rolle des ehrlichen Unterhändlers und Friedensstifters, die Ronald Pofalla als neuer Infrastrukturvorstand der DB im heutigen StZ-Interview zu spielen versucht, kann ihm im Ernst niemand abnehmen. Zu durchsichtig ist der Versuch, Stadt und Land doch irgendwie in die Finanzierung der Mehrkosten von Stuttgart 21 hineinzuziehen. Dabei geht es Pofalla, wie sich aus der Klage gegen das Land ergibt,  keineswegs nur um die eingeräumte Kostensteigerung auf 6,5 Milliarden. Euro, sondern um einen Verteilschlüssel für alle weiteren Kostensteigerungen. Obwohl das von der DB beauftragte Gutachten unter dem Strich Mehrkosten in der Größenordnung der vom Bundesrechnungshof und anderen Gutachtern belegten ca. 10 Mrd. Euro bestätigt, beruft sich Pofalla auf ein aus dem Zusammenhang des unveröffentlichten Gutachtens gerissenes Zitat („6,3 bis 6,7 Milliarden Euro Mehrkosten“). Auf so eine zitierfähige Zahl war die Beauftragung des Gutachtens angelegt.

Dass es bei den zugegebenen sowie erwartbaren weiteren Mehrkosten keine Zugeständnisse von Stadt und Land geben darf, sei „eine pure Selbstverständlichkeit“, so Bündnissprecher von Loeper. Im Gegenzug müsse vielmehr der DB abverlangt werden, die Projektpartner von den Kosten- und Nebenkostenfolgen weiterer Risiken zu 100 Prozent frei zu stellen. Als weitere bisher nicht angesprochene Kostenfolgen, die in die Milliarden gehen dürften, nannte von Loeper notwendig werdende spätere Erweiterungsinvestitionen infolge der absehbaren Kapazitätsdefizite von Stuttgart 21. Solche Defizite, z. B. Erweiterungsbedarf  bei den Zulaufstrecken, wurden in letzter Zeit vermehrt auch von Stuttgart-21-Befürworterseite geäußert.

Von der DB zu fordern, ist außerdem die uneingeschränkte Kostenübernahme für die von Herrn Pofalla ebenfalls weiter geleugneten langjährigen Risiken des Tunnelbaus durch 20 km Gipskeuper. Die von der Bahn beauftragten Gutachter hatten hier „unüblich hohe Risiken für die Betriebstauglichkeit“ der Stuttgart-21-Tunnel identifiziert. Zu befürchten sind Tunnelsperrungen, massive Störungen des Bahnverkehrs  und langjährige teure Sanierungsarbeiten über die ganze Nutzungsdauer der Tunnelanlagen.

Als anschauliches Beispiel pofallascher Rabulistik wertet von Loeper dessen Antwort auf die Frage nach seiner Einflussnahme auf die Entscheidung des Aufsichtsrats vom März 2013, Stuttgart 21 trotz eingeräumter Mehrkosten weiter zu bauen. Er habe als Kanzleramtsminister nie, wie behauptet, „eine Weisung erteilt“. Das hatte zwar niemand behauptet, hilft Pofalla aber auch nicht aus der Patsche, denn auch mit „weisungsähnliche Handlungen“ und „im Einzelfall entscheidungsbezogene Aktivitäten“ auf Aufsichtsräte einzuwirken, ist gesetzlich verboten, so die einschlägige Vorschriften zu § 65 Bundeshaushaltsordnung.

In einem Schreiben vom 5. April hat Rechtsanwalt von Loeper Pofalla aufgefordert, sich bis zum 29. April zu drei konkreten Fragen, seine Haltung zu Stuttgart 21 betreffend, verbindlich zu äußern. Hintergrund sind Strafanzeigen gegen den ehemaligen Bahnchef Dr. Grube, den Aufsichtsratsvorsitzenden Felcht sowie Pofallas Vorgänger Dr. Kefer wegen Untreue gegenüber den Vermögensinteressen der DB AG.

Statt eines faktenehrlichen Umgangs mit dem Projekt scheint Pofalla die bisherige Politik des Tricksens, Täuschen und Faktenschaffens fortzusetzen. Er habe sich „fest vorgenommen“  nicht öffentlich Stellung zu nehmen zu dem vom Aktionsbündnis vorgelegten Umstiegskonzept, so Pofalla im StZ-Interview. Ebendies fordern aber 63 Prozent der Baden-WürttembergerInnen in einer Umfrage von infratest dimap vom Januar 2017. Auch die Stuttgarter SPD votierte jüngst in einem Beschluss, „die neuen Fakten (gemeint Anhydritrisiko, Kostensteigerungen) in Sachen Stuttgart 21 angemessen zu berücksichtigen und in ihrer Tragweite durch die zuständigen Projektpartner bewerten zu lassen“.

 

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Kanzleramt vor dem Kadi

Am Donnerstag, 26. Mai (9.30 Uhr), verhandelt das Berliner Verwaltungsgericht über eine Klage, bei der sich  die oberste Exekutive, das Bundeskanzleramt, wegen ihres massiven Einflusses auf den Weiterbau von „Stuttgart 21“ Anfang 2013 vor Gericht verantworten muss. Kläger ist Dr. Eisenhart von Loeper, Rechtsanwalt und Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, der bereits die Übergabe von S 21 – Vermerken des Kanzleramts an den damaligen Amtschef und heutigen DB-Vorstand Ronald Pofalla und an Kanzlerin Angela Merkel durchsetzen konnte. Im laufenden Prozess geht es darum, ob die nur stark geschwärzt zugänglich gemachten fünf Berichte vollständig entschwärzt und damit noch geheim gehaltene Vorgänge offenbart werden müssen.

Dem Rechtsstreit liegt ein Sachverhalt vom Frühjahr 2013 zugrunde. Im März des Jahres  beschloss der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn damals den Weiterbau des Projekts, obwohl es sich aufgrund von über zwei Milliarden Euro Kostensteigerungen als unwirtschaftlich erwiesen hatte und die im Aufsichtsrat mit verantwortlichen Staatssekretäre die Berechnung der Bahn zu den Ausstiegskosten für „nicht belastbar“ erklärt hatten . Die damalige Bundesregierung war dadurch alarmiert und wollte die Ausstiegsdebatte unter allen Umständen vermeiden. Sie hat daher den Weiterbau von Stuttgart 21 definitiv und vorbehaltlos öffentlich und intern eingefordert. Diesen Sachvortrag des Klägers im Prozess  hat das Kanzleramt auf den Rat seiner renommierten Berliner Anwaltskanzlei  im Juni letzten Jahres nicht nur als „im wesentlichen zutreffend“ eingestanden, sondern auch erklärt, dass mit einem Abbruch des Projekts bei weiteren  Mehrkostensteigerungen zu rechnen sei.

Diese Zugeständnisse dürften damit zu tun haben, dass die vom Kläger beantragte gerichtliche Vernehmung der politischen Prominenz von Pofalla bis zur Bundeskanzlerin zu ihrer machtpolitisch bedingten Einflussnahme vermieden werden sollte. Ein tieferer Einblick in die Abläufe der Einflussnahme würde auch die Handlungsspielräume beim Umgang mit der zu erwartenden nächsten Kostenexplosion einschränken. Der Kläger pocht auf uneingeschränktem Informationszugang, weil das Kanzleramt in gesetzwidriger Weise auf die Entscheidungsfindung über den Weiterbau von Stuttgart 21 Einfluss eingewirkt habe.

Die Klagebegründung und die Klageerwiderung zu diesem Prozess sowie sämtliche bisher vorliegenden Dokumente des Kanzleramts sind auf der Website www.strafvereitelung.de abrufbar.

Kontakt: 0171 320 980 1
Oder direkt: Dr. Eisenhart von Loeper: 07452-4995, 07452-4907, oder 0174-5912495, e.vonloeper@t-online.de